S. dazu auch den Beitrag "Das schwarze Quartier wird rot" - die Gefahrenkarte weist die Berner Matte die höchste Gefahrenstufe "rot" zu.

Berner Zeitung vom 17.12.2009: wankelmütiger Stadtrat

«93 Millionen Franken sind ein bisschen viel Geld, damit wir in der Matte keine nassen Füsse mehr haben»: Mit diesem saloppen Spruch überzeugte der parteilose Teilzeit-Mätteler Jimy Hofer vergangenen Mai den wankelmütigen Stadtrat. Eine dritte Variante "light und billig" muss geprüft werden. - Hier der ganze Bericht als PDF zum Herunterladen

Logisch: die Versicherer wollen ihr Risiko abgedeckt haben

Bruno Spicher, Präsident der Kommission Sachversicherung beim Versicherungsverband SVV und Direktionsmitglied der Mobiliar rechnet (immer noch im selben BZ - Artikel) mit einer Prämienexplosion für Matte-Betriebe und Bewohner. Der Versicherungsfachmann rechnet mit bis zu 50 Mal höheren Prämienbeiträgen bei Gebäuden in der roten Zone. Das Leben mit dem Aarewasser erkaufe man sich teuer:  «Würde man das ernst meinen, müsste man die ganze Matte umkrempeln.»

Das bedeute: Tiefgaragen schliessen, die Haustechnik in Obergeschosse verlagern, was den Verlust von Wohnraum zur Folge hätte. In den Erdgeschossen dürfte es zudem kaum mehr Gewerbe geben – weil sich die Versicherungsprämien dafür eben fast niemand leisten könnte: «Wenn die Mätteler sagen, etwas Wasser gehöre zum Leben in der Matte einfach dazu, dann sollen sie die Kosten hierfür nicht auf die Allgemeinheit überwälzen, sondern selber bezahlen», sagt Spicher.

Am 18.12.2009 meldet sich auch die Gebäudeverischerung in der BZ zu Wort: "Die GVB könnte in Schadenfällen bei der Stadt Regress nehmen – falls diese ihre Wasserbaupflichten vernachlässigt."

Stadtrat Hofer glaubt nicht an Prämienexplosion

In derselben BZ wehrt Jimy Hofer ab: "Das ist bloss Stimmungsmache», ist Hofer überzeugt. Er habe mit seinem Anwalt gesprochen: Laut diesem könnten die Versicherungsgesellschaften die «Ventilklausel» in der Verordnung über die Elementarschaden-Versicherungen nicht leichtfertig anrufen. Diese Klausel erlaubt es den Versicherern, für einzelne Gebiete von der tiefen gesamtschweizerischen Einheitsprämie abzuweichen und um ein vielfaches höhere Risikoprämien zu verlangen.

Die Versicher sind natürlich andere Meinung

Die Versicherer hingegen sind überzeugt davon, dass sich die Klausel anwenden lässt, wie Verbandsvertreter Bruno Spicher am Donnerstag ausführte. Der entsprechende Artikel lässt den Ausschluss unter anderem bei Gewässern zu, welche «erfahrungsgemäss» in «kürzeren oder längeren Zwischenräumen» über die Ufer treten. Über die Anwendung der Klausel entscheiden laut Spicher die Versicherer selbst. (BZ 19.12.2009)

Eine beherzte Mattefrau redet Klartext

Die Gewerbetreibende am Mühlenplatz schreibt an die BZ:

An die unbedarften und mehrheitlich auch unbedachten Äusserungen von Jimy Hofer habe ich mich mittlerweile gewöhnt.

Dass eben diese aber den „wankelmütigen Stadtrat“ überzeugt haben sollen, erfüllt mich mit Sorge.

Seit dem „Jahrhundert-Hochwasser“ von 1999 wurde:

  • In Thun ein Stollen erstellt
  • In Lyss mit dem Bau des Lyssbachstollens begonnen
  • In Bern beantragte der Gemeinderat vor einem Monat beim Stadtrat eine halbe Million Franken für eine Projektstudie!!!

Quo vadis, Berna?

Und www.matte.meint:

Auch wenn die 50-fache Prämienerhöhung eher aus taktischen Grünen so hoch angesetzt scheint, ist mit einem markanten Anstieg der Versicherungskosten zu rechnen. Ausser grossen Ansprachen wird die Berner Politik in den nächsten zehn Jahren kaum etwas Handfesteres liefern als in den letzten zehn Jahren. Ein grosses Gebiet der Altstadt, immerhin UNESCO-Welterbe, wird als Hochrisikogebiet abgesondert. Dass damit der Versicherungsschutz teurer wird, scheint logisch.

Diese Risikoanalyse trägt der Wertminderung im Quartier Rechnung. Eine Wertminderung der Grundstücke und Liegenschaften. Die gefühlte Konsequenz: rückwirkend und nachhaltig tiefere Baurechtszinsen und Eigenmietwerte in der roten Zone! Dieser Minderwert muss auch Mieter entlasten. Dass die baulichen von privat zu treffenden Massnahmen zu zusätzlicher Steuerentlastung der Matte-Betriebe und -Bewohner führen muss, erscheint als nächster Schritt nur folgerichtig.

Analog zu Lämschutzmassnahmen sollen privat errichtete Hochwasserschutzmassnahmen, welche die öffentliche Hand nicht selbst zu erbringen gewillt scheint, subventioniert werden. So gesehen wäre das ganze ja gar nicht so schlecht, bloss etwas kompliziert - aber es ginge wieder etwas vorwärts...

Peter Maibach